Um unsere Webseite für Sie optimal darzustellen und fortlaufend verbessern zu können, verwenden wir Cookies. Durch die weitere Nutzung der Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu.

Weitere Informationen zu Cookies erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung
OK

Täter nutzen Klischees über Homosexualität für eine falsche Fährte

Ein Thema wird derzeit nicht nur in den Medien vielseitig diskutiert: Das Coming-Out von Thomas Hitzlsperger. Die Welle, die der Fußballprofi und frühere Nationalspieler mit seinem Bekenntnis zur Homosexualität auslöste, macht deutlich, dass die sexuelle Orientierung eines Menschen noch immer nicht überall als selbstverständlich angesehen wird. Denn sonst hätte diese Nachricht lediglich ein gleichgültiges Schulterzucken hervorgerufen.

KBV-Autorin Nadja Quint hat das Thema Homosexualität in ihrem neusten Kriminalroman „Rosa Mord“ bereits vor der aktuellen Debatte aus unterschiedlichen Blickwinkeln dargestellt. Als Fachärztin für Psychiatrie, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie ist sie eine wirkliche Expertin auf dem Gebiet, und ihre Ausführungen basieren nicht nur auf Recherche-Ergebnissen. Der KBV-Verlag hat nun in Düsseldorf nachgefragt.

Guten Tag Frau Quint, in ihrem aktuellen Buch „Rosa Mord“ scheint mit dem ersten Todesopfer, dem Düsseldorfer Geschäftsmann und Schwulenrechtler Bernd Brock, schnell klar zu sein, dass der Täter es auf homosexuelle Männer abgesehen hat. Was hat Sie veranlasst, dieses Thema in Ihren Kriminalroman einfließen zu lassen.

Nadja Quint: Im ersten Buch „Verachte nicht den Tod“ muss sich die Düsseldorfer Hauptkommissarin Evelyn Eick mit den Kontroversen aktiver Sterbehilfe auseinandersetzen. Mit dem Thema Homosexualität fließen auch in den zweiten Fall unterschiedliche Auffassungen in die Ermittlungen ein.

Die Schicksale, die Hauptkommissarin Evelyn Eick bei ihren weiteren Ermittlungen aufdeckt, zeigen dadurch verschiedene Facetten. Sie beleuchten auch die jahrelange Geheimhaltung der sexuellen Orientierung. Kennen Sie diese Thematik aus Ihrer Praxis?

Nadja Quint: Die Familiengeschichte im Buch reicht zurück in die 1950er Jahre. Auch in den eher schon aufgeklärten 1960er oder 1970er Jahren galt Homosexualität noch weitgehend als Tabu. Homosexuelle Väter oder Mütter bekannten sich häufig erst spät zu ihrer Orientierung. Für die betroffenen Kinder stellt dies oft eine tiefe Verletzung dar. Sie zweifeln daran, dass ihre Eltern einander wirklich geliebt haben und beziehen diese Zweifel meist auch auf sich selbst: Warum hat mein homosexuelles Elternteil überhaupt geheiratet und mich gezeugt? Ist die Liebe zu mir überhaupt echt? Um diesen Selbstwertverlust aufzufangen, ist es wichtig, Verständnis für das Handeln der Eltern zu schaffen. Die Handlung im Buch weist noch einen anderen Aspekt auf: Ein Vater outet sich, es ist bereits 1990, die Gesellschaft reagiert weitgehend tolerant, doch seine Ehefrau willigt nicht in die Scheidung ein, weil sie an den vermittelten Werten der Fünfziger Jahre festhält.

Die Scheinwelt einer intakten Familie ist aber nur ein Aspekt, den Sie in ihrem Buch zur Sprache bringen.

Nadja Quint: Die Tatsache, dass Homosexualität auch heute längst nicht überall akzeptiert wird, nutzen die Täter, um eine falsche Fährte zu legen. Sie machen sich dabei Vorurteile und Klischees zunutze, und die Ermittlungen in Richtung ritualisierter Morde an homosexuellen Männern zu steuern und somit vom wahren Motiv abzulenken.

Mehr soll an dieser Stelle natürlich nicht über die spannende Geschichte rund um menschliche Tragödien verraten werden. „Rosa Mord“ ist nach „Verachte nicht den Tod“ bereits der zweite Fall der Düsseldorfer Kommissarin Evelyn Eick und mit dem historischen Kriminalroman „Das Mädchengrab“ das dritte Buch von Nadja Quint, das beim KBV-Verlag erschienen ist.

« zurück